12.04.23

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Das Comeback von Stift und Papier

Hin und wieder, wenn ich an einer Besprechung im Verlag teilnehme, reagieren meine Kollegen und Kolleginnen mit einem ungläubigen Blick. Nicht wegen meiner Persönlichkeit, meines Aussehens oder meiner Autorität; nein - weil ich immer einen Notizblock und einen Füllfederhalter hervorhole. Ich gehöre zu der Generation, die sich noch schriftliche Notizen macht. Vor allem bei meinen jüngeren Kollegen führt das manchmal zu Unverständnis. Sie sind der Ansicht, das Schreiben mit Stift und Papier sei mittlerweile nicht mehr zeitgemäß. Da sie mit Laptops und Tablets aufgewachsen sind, sehen sie das Schreiben als etwas Überholtes an.

Wenn ich meinen Stift aus dem Etui nehme, geht deshalb ein kurzes Staunen über manche Gesichter, als würden sie Zeuge eines historischen Ereignisses. Dann wird mir der große Altersunterschied zwischen uns bewusst. Manchmal nutze ich die Gelegenheit, etwas über die Vorteile des Schreibens mit dem Stift zu sagen. Man erinnert sich besser an das, was man geschrieben hat, man kann besser mitdenken, wenn man selbst etwas aufschreibt. Oft wird jedoch alles, was jenseits des Bildschirms passiert als altmodisch und ineffizient abgestempelt. Die Digitalisierung hat ihre Linie durch die Geschichte gezogen: Wer nicht mitmacht, bleibt zurück oder ist vielleicht eine unterhaltsame Kuriosität.

 

Zum Glück kommt Hilfe aus einer unverdächtigen Ecke, nämlich von dem bekannten niederländischen Professor für Neuropsychologie Erik Scherder. Er hat letzte Woche einen überraschenden Ratschlag für die Bildung gegeben. Scherder bevorzugt klare Aussagen und hat sich deshalb für einige deutliche Punkte ausgesprochen: Ein Verbot von Laptop und Tablet und die Wiedereinführung von Notizblock und Stift.

Seine Argumentation ist nicht ganz neu, hat aber nichts an Aktualität verloren. Scherder sorgt sich um die Entwicklung des jungen Gehirns. Im digitalen Zeitalter werde es zu sehr verwöhnt. Visuelle Bilder verdrängen das Lesen. Das Smartphone sowie das Tablet verdrängen das händische Schreiben. Unser Gehirn muss immer weniger leisten, es gewöhnt sich an diese vereinfachten Möglichkeiten und wird nicht genug stimuliert.

Diese dringend benötigte Stimulation muss zurückkehren. Gehirne müssen wachsen und dürfen nicht durch Bequemlichkeit eingeschränkt werden. Das ist nicht nur besser für die jungen Menschen, sondern auch für die Gesellschaft als Ganzes. Deswegen ist es gut, wieder mehr Herausforderungen zu bieten. Gerade wenn sich das Gehirn entwickelt, braucht es ständig neue Anreize, sich herauszufordern, auch maximale Herausforderung zählt dazu, wenn es nach Scherder geht. Deshalb ist das Lesen so wichtig. Aber auch das Schreiben. Und so stellt er den zunehmenden Trend zur Digitalisierung in der Bildung entschieden in Frage.


Schreiben, erklärt Scherder, erfordert eine viel größere Anstrengung des Gehirns als Tippen. Man muss Begriffe bilden und auswählen, die Abstände zwischen Wörtern, Zeilen und Absätzen bestimmen und neue Formulierungen finden. Man arbeitet nicht nur verbal, sondern auch mit der räumlichen Planung und mit der Feinmotorik. Beim Tippen nimmt das Programm Ihnen all das ab, einschließlich der Rechtschreibprüfung. Das ist bequem, aber es macht Ihr Denken träge. Weil das Schreiben mehr Anstrengung erfordert und mehr Gehirnteile zusammenarbeiten müssen, werden mehr Nervenbahnen angeregt - das ist wichtig für die individuelle Entwicklung. Und man tut es nicht nur für die Zukunft: Diese multidisziplinäre Tätigkeit hat auch kurzfristige Effekte. Geschriebene Texte bleiben besser im Gedächtnis.

 

Also - zurück zum Notizblock, lautet Scherders Appell. Nicht nur in der Grundschule, sondern auch an der weiterführenden Schule, im Alltag oder sogar an der Universität - mehr Herausforderungen für die Gehirne der digitalisierten Generation.

Ob sein wertvolles und sympathisches Plädoyer Erfolg haben wird, weiß ich nicht, aber ich habe die Notizblöcke für unseren Verlag auf jeden Fall schon bestellt.

Bild: shutterstock/Pressmaster

Hin und wieder, wenn ich an einer Besprechung im Verlag teilnehme, reagieren meine Kollegen und Kolleginnen mit einem ungläubigen Blick. Nicht wegen meiner Persönlichkeit, meines Aussehens oder meiner Autorität; nein - weil ich immer einen Notizblock und einen Füllfederhalter hervorhole. Ich gehöre zu der Generation, die sich noch schriftliche Notizen macht. Vor allem bei meinen jüngeren Kollegen führt das manchmal zu Unverständnis. Sie sind der Ansicht, das Schreiben mit Stift und Papier sei mittlerweile nicht mehr zeitgemäß. Da sie mit Laptops und Tablets aufgewachsen sind, sehen sie das Schreiben als etwas Überholtes an.

Wenn ich meinen Stift aus dem Etui nehme, geht deshalb ein kurzes Staunen über manche Gesichter, als würden sie Zeuge eines historischen Ereignisses. Dann wird mir der große Altersunterschied zwischen uns bewusst. Manchmal nutze ich die Gelegenheit, etwas über die Vorteile des Schreibens mit dem Stift zu sagen. Man erinnert sich besser an das, was man geschrieben hat, man kann besser mitdenken, wenn man selbst etwas aufschreibt. Oft wird jedoch alles, was jenseits des Bildschirms passiert als altmodisch und ineffizient abgestempelt. Die Digitalisierung hat ihre Linie durch die Geschichte gezogen: Wer nicht mitmacht, bleibt zurück oder ist vielleicht eine unterhaltsame Kuriosität.

 

Zum Glück kommt Hilfe aus einer unverdächtigen Ecke, nämlich von dem bekannten niederländischen Professor für Neuropsychologie Erik Scherder. Er hat letzte Woche einen überraschenden Ratschlag für die Bildung gegeben. Scherder bevorzugt klare Aussagen und hat sich deshalb für einige deutliche Punkte ausgesprochen: Ein Verbot von Laptop und Tablet und die Wiedereinführung von Notizblock und Stift.

Seine Argumentation ist nicht ganz neu, hat aber nichts an Aktualität verloren. Scherder sorgt sich um die Entwicklung des jungen Gehirns. Im digitalen Zeitalter werde es zu sehr verwöhnt. Visuelle Bilder verdrängen das Lesen. Das Smartphone sowie das Tablet verdrängen das händische Schreiben. Unser Gehirn muss immer weniger leisten, es gewöhnt sich an diese vereinfachten Möglichkeiten und wird nicht genug stimuliert.

Diese dringend benötigte Stimulation muss zurückkehren. Gehirne müssen wachsen und dürfen nicht durch Bequemlichkeit eingeschränkt werden. Das ist nicht nur besser für die jungen Menschen, sondern auch für die Gesellschaft als Ganzes. Deswegen ist es gut, wieder mehr Herausforderungen zu bieten. Gerade wenn sich das Gehirn entwickelt, braucht es ständig neue Anreize, sich herauszufordern, auch maximale Herausforderung zählt dazu, wenn es nach Scherder geht. Deshalb ist das Lesen so wichtig. Aber auch das Schreiben. Und so stellt er den zunehmenden Trend zur Digitalisierung in der Bildung entschieden in Frage.


Schreiben, erklärt Scherder, erfordert eine viel größere Anstrengung des Gehirns als Tippen. Man muss Begriffe bilden und auswählen, die Abstände zwischen Wörtern, Zeilen und Absätzen bestimmen und neue Formulierungen finden. Man arbeitet nicht nur verbal, sondern auch mit der räumlichen Planung und mit der Feinmotorik. Beim Tippen nimmt das Programm Ihnen all das ab, einschließlich der Rechtschreibprüfung. Das ist bequem, aber es macht Ihr Denken träge. Weil das Schreiben mehr Anstrengung erfordert und mehr Gehirnteile zusammenarbeiten müssen, werden mehr Nervenbahnen angeregt - das ist wichtig für die individuelle Entwicklung. Und man tut es nicht nur für die Zukunft: Diese multidisziplinäre Tätigkeit hat auch kurzfristige Effekte. Geschriebene Texte bleiben besser im Gedächtnis.

 

Also - zurück zum Notizblock, lautet Scherders Appell. Nicht nur in der Grundschule, sondern auch an der weiterführenden Schule, im Alltag oder sogar an der Universität - mehr Herausforderungen für die Gehirne der digitalisierten Generation.

Ob sein wertvolles und sympathisches Plädoyer Erfolg haben wird, weiß ich nicht, aber ich habe die Notizblöcke für unseren Verlag auf jeden Fall schon bestellt.

Bild: shutterstock/Pressmaster