Vor der Klasse

Bücher lesen verlangt ein gewisses Maß an Konzentration. Was aber, wenn Kinder und Jugendliche damit ihre Probleme haben und eine Geschichte nur unzureichend verstehen bzw. das Wesentliche kaum erfassen können? Zum Glück gibt es eine ganze Reihe von Ansätzen, solchen Schülern zu helfen. Einer davon ist die Reihe „Schnappschuss“ im Spaß-am-Lesen-Verlag. Hier greift man auf eine Idee aus den englischsprachigen Ländern zurück, in denen man sich schon seit Langem daran machte, wichtige Bücher zu kürzen, sprachlich zu vereinfachen oder gleich ganze Bücher für die Kinder mit Leseproblemen passgenau zu schneidern. „Vor der Klasse“ ist so eines, dem der Kenner die pädagogische Intention schon von Weitem ansieht, das aber dennoch Respektables und Überraschendes bietet. Lars, der Hauptakteur, dürfte so etwa zwölf Jahre alt sein. Mit seiner Familie ist er gerade umgezogen, da sein Vater einen neuen Job
bekommen hat. Die Integration in die neue Klasse gelingt nicht auf Anhieb, dafür sorgen die Wortführer der Klasse. Lars erweist sich als psychisch stabil genug und fügt sich trotz Hindernissen gut ein, auch dank einer Mitschülerin, mit der er sich gleich von Anfang an blendend versteht. Das schmale Bändchen reicht nur über 53 Seiten bei einer erstaunlich großen Schriftgröße. Die Wörtliche Rede dominiert, die meisten Sätze glänzen durch Kürze. Ausholende Beschreibungen, Erklärungen und Begründungen fehlen, die Aktionen der Protagonisten laufen ungestört. Die Verknappung der Sprache läuft mit der kurz gefassten Action parallel. Ergänzend dazu ist die ganze Geschichte eingehüllt in eine Bilderflut, die optisch dasselbe erzählt wie der kurze Text. Ein Entkommen des Lesenden erscheint kaum möglich. Sicher nicht nur ein interessanter, vermutlich auch ein erfolgreicher Ansatz. Denn auch der Inhalt entspricht einem oder einer
Zwölfährigen. Und ganz bestimmt passt diese Form in die Lebensweise von vielen dieser Altersstufe, deren Welt aus dem Aufschnappen
von Kurz-Nachrichten und dem Schreiben von Whatsapp-Sätzen besteht.

Passauer Neue Presse, Kinder- und Jugendbuch, Ausgabe Nr. 297 vom 27.12.2023 (Albert Hoffmann)

In der Lektürereihe "Schnappschuss" in Einfacher Sprache (zuletzt J. v. Caenegham,
"Herzensbrecher", ID-A 18/23) wird aus der Sicht des Ich-Erzählers Lars eine Geschichte
über die Anfänge von Mobbing erzählt. Lars ist neu an der Schule und versucht mit allen gut
auszukommen. Im Fall von Kevin und Jesse, zwei Störenfrieden in der Klasse, ist das nicht
leicht. Als die Situation schließlich eskaliert, was auch mit der neuen, unsicheren
Französischlehrerin zu tun hat, gibt es zum Glück von den richtigen Seiten die passende
Reaktion. Mit vielen Fotos und knappem Text schildert die Geschichte gut nachvollziehbar
wie Lehrer*innen überfordert sein können und vor allem auch schulisch schwache
Schüler*innen durch Störungen und Provokationen allen am Schulleben Beteiligten das
Leben schwer machen können. Lars ist ein stiller, hilfsbereiter Junge, aber kein Opfertyp. Er
wird provoziert und wehrt sich. Der kurze Text eignet sich gut für die Diskussion in
Schulklassen und ist vor allem für Schüler*innen empfohlen, die wenig Leseerfahrung haben.

Besprechungsdienst für öffentliche Bibliotheken: ekz.bibliotheksservice GmbH; Andrea Wanner