08.05.25
Sechs Fragen an Autorin Marion Döbert

Marion Döbert ist eine der bekanntesten Alphabetisierungs-Expertinnen sowie freie Publizistin und Autorin.
Sie schreibt seit 2013 Bücher für den Spaß am Lesen-Verlag. Bisher sind 30 Bücher von ihr erschienen, zwölf davon sind eigene Romane in Einfacher Sprache.
Bild ©J. Dreckschmidt
1. Warum ist es Ihnen wichtig, Bücher in Einfacher Sprache zu schreiben?
Mir ist wichtig, überhaupt zu schreiben. Ohne Schreiben kann ich mir mein Leben nicht vorstellen. In Einfacher Sprache schreibe ich aber besonders gern. Ich liebe die klare Sprache als literarisches Stilmittel. Wenn der Funken der Story gerade in dieser Form auf den Leser überspringt, dann ist das was ganz Besonderes. Und zwar für jeden, auch für Menschen, die sich noch nicht oder nicht mehr an Bücher rantrauen.
2. Welches Ihrer Bücher, die bei uns erschienen sind, ist Ihr Lieblingsbuch? Und warum?
Eigentlich jedes für sich. Jedes Buch ist ja eine eigene Schatzkiste der Gedanken, Beobachtungen und der Gefühle. Wenn sie nicht wichtig und schön wären, hätte ich sie nicht geschrieben. Aber gut, Sie wollen EIN Lieblingsbuch. Dann wähle ich „Sie nannten mich Unkraut“. Das Buch über Jakob, den Gärtner, der nicht lesen kann. Sein Leben ist furchtbar dramatisch. Alle denken, der schafft es nie im Leben. Vor allem auch er selbst denkt das. Aber dann geht er auf einmal neue Wege. Hat den Mut, was vollkommen Neues anzufangen. Das ist ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt. Ein echtes Mutmacherbuch.
3. Was ist beim Schreiben in Einfacher Sprache die größte Herausforderung – und was hat Ihnen besonders Spaß gemacht?
Beim Schreiben in Einfacher Sprache gilt dasselbe wie für das Schreiben in Normsprache. Die großen Herausforderungen sind: eine Story zu entwickeln, die es so noch nicht gab und sie in einer Form, in einem Rhythmus zu schreiben, der genau dazu passt. Die größte Herausforderung beim Schreiben in Einfacher Sprache ist aber zusätzlich, das geballte Leben in einer Story auf viel weniger Seitenraum unterbringen zu müssen, als dies in einem dickbäuchigen Buch der Fall ist. In meinem ersten Buch „Rosa Meer“ hat mir genau das sehr viel Spaß gemacht: ein ganzes Leben in seiner ganzen Dramatik auf ganzen 77 Seiten hinzukriegen und damit trotzdem die Leser zu erschüttern, zu berühren und ihnen Appetit aufs Lesen zu machen.
4. Wie hilfreich ist Einfache Sprache im Alltag: Haben Sie eigene Erfahrungen dazu?
Ich leide wie jeder normale Mensch unter komplizierten Texten, die ich schlichtweg nicht verstehen kann (und wohl auch nicht soll). An meine Krankenkasse habe ich ein Schreiben zurückgeschickt und um eine Version des Schreibens in Einfacher Sprache gebeten. Ich habe dies auch umgehend erhalten und umgehend auch verstehen können. Einfache Sprache würde JEDEM helfen. Und im Gesundheitsbereich wäre sie absolut notwendig, damit - zum Teil sogar lebenswichtige – Entscheidungen überhaupt getroffen werden können. Oder wissen Sie, was ein ZVK ist oder eine SAPV? Selbst wenn Sie die Abkürzungen kennen (ZVK=Zentraler Venenkatheter; SAPV= Spezialisierte ambulante Palliativversorgung), wissen Sie noch lange nicht, was das ist. Und doch kann es sein, dass Sie zustimmen oder ablehnen müssen? Was tun, wenn Ihnen niemand in verständlicher Sprache erklärt, um was es geht?
5. Kaffee oder Tee beim Schreiben? 😉
Morgens Kaffee. Nachmittags Tee.
6. Sind Sie eine Frühaufsteherin oder Nachteule?
Eindeutig Nachteule, weil dann endlich Ruhe ist vor Rasenmähern, Laubsaugern, Häckslern, Großbaustellen und allen anderen Schreibfeinden.
Vielen Dank für diese spannenden Einblicke, Frau Döbert!