Papierkind
Ein Kind sitzt in seinem Zimmer und malt. Plötzlich hört es ein Geräusch in der Wohnung. Ein Geräusch, das es nicht kennt. Ein Geräusch, das ihm Angst macht. Denn das Kind ahnt: Alles in seinem Leben wird sich ändern.
Papierkind ist ein Roman über Angst und Verlust. Über Wut und Enttäuschung. Und über das eigene Versagen. Es ist aber auch ein Roman über die eigene Kraft. Die Kraft, sein Leben selber in die Hand zu nehmen. Und seine eigenen Träume zu erfüllen.
Lesen Sie hier die ersten Kapitel aus Papierkind! Ausschließlich zum Gebrauch als Leseprobe. Alle Rechte vorbehalten.
Zubehör: Lesebegleitheft
Autor/-in: | Marion Döbert |
---|---|
Seitenzahl: | 136 |
Buchauswahl: | Roman oder Erzählung, Kinder- & Jugendbuch |
Leselevel: | Level 2 |
Leseniveau: | A2 |
Sprache: | Deutsch |
Themen: | Erwachsenwerden, Lesen & Schreiben, Liebe |
Zielgruppe: | Erwachsene, Jugendliche |
Anmelden
15. November 2023 10:26
Die Einfache Sprache hat mich mitgerissen
Ich war Deutschlehrer von Beruf und nutze nun ihre Bücher für den Deutschuntericht als Zweitsprache und in Alphabetisierungskursen. Bevor ich die ersten Bücher von Marion Döbert gelesen habe habe, war ich sehr skeptisch. Ich hatte Deutsch Leistungskurs unterrichtet und Abiturprüfungen korrigiert und abgenommen. Aber die einfache Sprache von Frau Döbert hat mich mitgerissen. Ich lese ihre Bücher nicht mehr nur, um deren Geeignetheit für meine Kursteilnehmer zu prüfen, sondern auch weil ich sie gerne lesen. Die kurzen, aber kraftvollen Sätze haben eine starke Wirkung. Ihre Wiederholungen prägen sich ein wie ein Gebet.
15. Februar 2021 12:00
Berührende Geschichte und ein Plädoyer für das Lesen
„Papierkind“ ist ein von Beginn an packender Entwicklungsroman, konsequent und überzeugend aus der Perspektive der Hauptfigur erzählt. Die junge Frau beschreibt rückblickend ihren Weg heraus aus desolaten Familienverhältnissen.
Nachdem sich die Mutter vom gewalttätigen Vater getrennt hatte, wurden das Mädchen und ihre ältere Schwester in ein Klosterinternat gegeben, in dem beide dann sehr unterschiedliche Wege gehen. Während die Ältere schnellstmöglich nach der 10. Klasse das Internat verlässt, verarbeitet die Jüngere nur langsam ihre traumatischen Erfahrungen. Dabei hilft ihr behutsam eine der Nonnen der Klosterschule, die es dabei auch schafft, ihr das Lesen nahezubringen. Schwester Anna gibt ihr klug ausgewählte Bücher, deren Helden Identifikationsfiguren werden. Sie geben dem Mädchen Mut und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zurück. So gelingt ihr am Ende ein Neuanfang. Sie kann nach bestandenem Abitur ein Studium der Malerei in Paris beginnen.
Marion Döbert, die bereits etliche Romane in einfache Sprache übersetzt hat, beweist mit dieser eigenen Geschichte, dass sich auch in einfacher Sprache Tiefgang und Lesevergnügen erreichen lassen.
Der Werdegang des jungen Mädchens - heraus aus einer sich zuspitzend dramatischen Familiensituation und hin zu einem mutigen, selbstgestalteten Leben - zieht den Leser von Beginn an in seinen Bann.
Dabei schafft die Autorin es, der einfachen Sprache einen eigenen, sehr passenden Stil und Rhythmus zu geben. Gerade in den Szenen großer Verzweiflung zeigen die kurzen Sätze oft ein tastendes Suchen nach etwas, was mit Worten nur schwer zu beschreiben und für das junge Mädchen kaum auszuhalten ist. Einfache Sprache ist in diesem Zusammenhang eher als besondere Qualität zu sehen.
Marion Döbert findet auch immer wieder anrührende Bilder für Schreckliches – z.B. das sandige Loch in der Wand des Kinderzimmers, in dem die große Schwester sich in Krisen die Nägel wund pult. Ebenso schafft sie aber auch für Schönes einprägsame Bilder – wie das titelgebende Papierkind, das sich auf den Seiten der Bücher in die Lüfte begeben kann und es so schafft, aus eigener Kraft etwas zum Guten zu verändern.
Mit poetischer, zarter Sprache rührt das Buch teilweise zu Tränen.
Die Ich-Erzählerin bleibt namenlos, trotzdem kann man während der gesamten Geschichte sehr mit ihr mitfühlen. Bei der Auseinandersetzung des Mädchens mit Kunst und Literatur scheut die Autorin nicht vor schwierigen Stoffen zurück: die gelähmte Klara aus „Heidi“, die taubstumme Helen Keller, der mutige Siggi aus Siegfried Lenz „Deutschstunde“, Picassos Mädchen und die Taube und Arthur Rimbaud, dessen Familie auch vom Vater verlassen wurde. Es gelingt ihr dabei immer, den Wert der Figuren für das junge Mädchen deutlich zu machen.
So erscheint der Roman als ein sehr gelungenes Plädoyer für das Lesen ohne dabei allzu ambitioniert zu wirken. Der Ratschlag von Schwester Anna am Ende ist dann auch sehr gut nachvollziehbar:
„Wenn Du einmal nicht mehr weiter weißt, dann lies Bücher!“
Einige der Bezüge (Hanni und Nanni, Fury, Drafi Deutscher) dürften jüngeren Lesern nicht mehr so geläufig sein. Die Begriffe zu Paris – Gare du Nord, Academie des Beaux Arts - hätten evt. noch erklärt werden können. Das sind aber nur Kleinigkeiten, die dem Leseerlebnis keinen Abbruch tun – insgesamt ist der Roman unbedingt lesenswert!
Auch für Gespräche bietet das Buch ungeheuer viele Anlässe. Und die eindrücklichen Bilder wirken noch lange nach. Es ist zu hoffen, dass „Papierkind“ eine breite Leserschaft findet – unbedingt weiterempfehlen!
12. Juli 2019 12:00
Irgendwann habe ich vergessen, dass ich ein Buch in einfacher Sprache lese
Mein erstes Buch in einfacher Sprache
Ja, ich wollte ganz bewusst diese Blogreihe "Leichter lesen" auf https://www.kleiner-komet.de und habe mich auch bereits mit der Thematik “einfache und leichte Sprache” befasst.
Dennoch war ich noch immer skeptisch. Gewisse Ansprüche an den Schreibstil habe ich einfach. Eine Geschichte soll für mich einerseits leicht (=flüssig) lesbar sein, andererseits liebe ich die “Magie der Worte”. Was genau diese Magie der Worte ist, kann ganz vielfältig sein, entscheidend ist, dass die Worte eine Geschichte für mich lebendig machen.
Ja, ganz ehrlich, da hatte ich bei einfacher Sprache meine Zweifel.
Marion Döberts Sprache in “Papierkind” ist einfach. Die Sätze sind kurz, das Schriftbild groß und klar. Und doch ist die Geschichte nicht leicht zu lesen, der Inhalt geht mir nahe. Ich bin überrascht, wie gefühlvoll die Geschichte in der Ich-Perspektive erzählt wird.
Für mich, die ja meist Bücher der Phantastik liest, war es eine doppelte Leseerfahrung – ein Roman und ein Roman in einfacher Sprache.
Traurige Kindheit
Beginnt alles mit einer Ankunft in Paris, geht es um einen Rückblick auf die Kindheit und Jugend der Protagonistin, das Papierkind. Sie und ihre Schwester haben es nicht leicht gehabt. Es ist mir tatsächlich schwer gefallen, zu lesen, wie es den Mädchen ergangen ist und wie sie mit allem umgegangen sind. Es hat mich getröstet, dass es eine relativ kurze Geschichte ist, die dabei auch noch sehr spannend ist. Als dicken Roman hätte ich diese Geschichte wahrscheinlich nicht so gerne ertragen mögen, da diese wahrscheinlich noch weitere Ausschmückungen des Leids enthalten würde. Es war so real. Szenen aus der Kindheit und Jugend folgen fließend aufeinander. Angst, Wut, Enttäuschung und das soziale Umfeld spielen eine Rolle. Doch nicht alles ist schlecht und genau darin liegt die Magie in diesem Buch. Hoffnung, Unterstützung und einen Ausweg aus einer wirklich beschissenen Situation.
Es ist aber auch ein Roman über die eigene Kraft.
Die Kraft sein Leben selber in die Hand zu nehmen.
Und seine eigenen Träume zu erfüllen. (Auszug aus dem Klappentext)
Und genau das ist es, noch mehr, es ist ein Buch, das selbst Kraft spendet und Mut macht. Das Papierkind hat all das überstanden, du schaffst deine Krise auch!
Die Bedeutung der Bücher
Es ist so wunderbar passend, dass in meinem ersten Roman dieser Blogreihe, die Liebe zu Büchern thematisiert wird. Die Ich-Erzählerin ist das Papierkind. Als kleines Mädchen hat sie auf Papier gemalt und später die Welt der Bücher entdeckt. Zunächst waren Bücher etwas negatives. Ihre zwei Jahre ältere Schwester konnte bereits lesen, schenkte ihr weniger Beachtung.
Hätte meine Schwester doch nie lesen gelernt!
Dann würde sie jetzt mir mir zusammen malen.
Aber sie liegt nur auf dem Bett und liest.
Doch dann wird das Lesen zu etwas gemeinsamen und später werden die Bücher zu einem wichtigen Teil ihres Lebens. Sie ist das Papierkind, deren Leben ohne festen Halt war und nur aus negativen Gefühlen bestand, vor allem war da die Angst.
Bis mir eines Tages ein Mensch begegnet ist.
Ein ganz besonderer Mensch.
Ein Mensch, der mich versorgt hat:
mit Büchern,
mit Seiten aus Papier;
mit Papier voller Geschichten.
Ab da wurde alles anders.
Erwähnt werden zum Beispiel “Heidi” oder die “Deutschstunde” von Siegfried Lenz. Der Besuch des Theaterstückes “Warten auf Godot” wird überzeugend geschildert, als unsinnige Warterei. Die gelesenen Bücher werden innerhalb des Romans kurz geschildert, laden vielleicht ein, mehr über diese Geschichten zu erfahren, die ebenfalls Kraft spenden.
Sprache
Der Satzbau ist einfach. Relativ kurze Sätze, keine Fremdwörter. Namen und Begriffe, die “schwieriger” sind, sind unterstrichen und werden in der angehängten Wörter-Liste knapp erklärt. Die Liste umfasst 44 Einträge, die tatsächlich zum großen Teil Namen und Titel der Bücher sind, die das Papierkind im Laufe der Geschichte erwähnt.
Sehr schön werden auch sprachliche Schwierigkeit thematisiert. Das Papierkind wird als “begriffsstutzig” bezeichnet, ein Wort, das sich ebenfalls in der angehängten Liste findet. Sie versteht das Wort nicht, aber sie fühlt die negative Bedeutung des Wortes. Sie fühlt, dass sie schlecht sei.
In all der Einfachheit hat der Schreibstil von Marion Döbert einen poetischen Zauber. Die oben zitierte Stelle ist mit eben diesen Umbrüchen abgedruckt, mutet beinahe lyrisch an, wobei ich wirklich kein Lyrik-Fan bin. Balladen dagegen mag ich lieber, da sie ganze Geschichten erzählen, wie auch dieser Roman in einfacher Sprache.
Irgendwann habe ich vergessen, dass ich ein Buch in einfacher Sprache lese, ich erlebte eine Geschichte und am Ende hatte ich Tränen in den Augen. Es war ein wirklich schönes Ende.
Autorin Marion Döbert
Die Autorin ist diplomierte Erziehungswissenschaftlerin, Geburtsjahrgang 1956, deren Lebenslauf sich wie eine Widmung an die Alphabetisierung liest. Hintern im Buch stehen einige Informationen über die Autorin, ebenfalls in einfacher Sprache, geschrieben.
Eine Laudatio auf Marion Döbert als Botschafterin für Alphabetisierung hielt 2011 Gerald Schöber, Vorstandsmitglied des “Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e.V,”, den Marion Döbert mitbegründet hat:
Du warst und bist die Grande Dame der Alphabetisierung.
Bereits 2003 erhielt sie das Bundes-Verdienst-Kreuz.
Für wen könnte die Geschichte etwas sein?
Diese Frage finde ich noch schwierig zu beantworten und ich hoffe, dass es mir zunehmend leichter fallen wird im Zuge dieser Blogreihe. “Papierkind” ist auf jeden Fall ein lesenswerter Roman!
Ein Gedanke kam mir auf jeden Fall beim Lesen: Es könnte eine Geschichte für ältere Menschen sein. Das angenehme Schriftbild, die kurzen Kapitel erscheinen mir grundsätzlich gut geeignet für jemanden, der zwar mal gut lesen konnte, aber dessen Sehkraft und Konzentration nachgelassen haben. Die Geschichte selbst kommt ohne neumodischen Schnick-Schnack aus, wie viele ältere Personen unsere digitalen Alltagsbegleiter gerne bezeichnen.
Nachdem ich vergessen hatte, dass ich ein Buch in einfacher Sprache las, kam mir im Anschluss an die Lektüre noch eine Idee: Vielleicht wären diese kleinen Romane auch etwas für Wiedereinsteiger. Diese digitalen Menschen, die kurze Nachrichten konsumieren, höchstens mal einen Artikel lesen, der oft nur überflogen und nicht komplett gelesen wird. Auf dem Literaturcamp Bonn 2018 hatten wir genau zu diesem Problem eine Diskussionsrunde.
Dieses Buch lädt dazu ein, sich auf die Erfahrungen des jungen Mädchens einzulassen, frei von digitalen Spielzeugen.
12. Juli 2019 12:00
poetisch
„Vergiss nicht, was du alles kannst!“
Es ist ein langer Weg für die Protagonistin in Papierkind, bis sie diesen Rat annehmen kann. Denn wer ist sie schon? Eine Sitzenbleiberin, eine Kartoffelreiberin, eine, aus der nichts mehr werden kann. Eine, die dumm ist!
Aus der Ich-Perspektive erzählt eine junge Frau, deren Namen dem Leser nicht genannt wird, ihre Geschichte. Die spielt irgendwann in den 60ger Jahren. Das wird zwar nicht so genau gesagt, aber es gibt Hinweise im Text wie Lieder und TV-Serien.
Nach dem Prolog, in dem die junge Frau am Bahnhof Gare du Nord in Paris steht, wechselt die Geschichte in ihre Kindheit. Der Leser erfährt, wie es ihr ergangen ist, in einer Familie, die nach und nach auseinanderbrach, in der der Vater zur Gewalttätigkeit neigte, fremd ging und die Familie schließlich verließ. Was muss es für eine Kraft gekostet haben, in solch einer Familie zu überleben. Für das Lernen blieb da nichts mehr übrig.
Wer weiß, was aus ihr geworden wäre, wenn es da nicht jemanden gegeben hätte, der ganz fest an sie geglaubt hat. Schwester Anna. Die Nonne erkennt, was in dem Mädchen steckt und weckt ihre Lust am Lernen und ihre Liebe zu Büchern. Und so erlebt der Leser mit, wie das junge Mädchen langsam wieder Zuversicht fast und beginnt, an sich selbst zu glauben. Und schließlich macht sie sogar das Abitur und studiert – Malerei – in Paris.
Jetzt weiß sie, das Leben muss man in die eigene Hand nehmen. Seine Träume muss man selbst verwirklichen, auch wenn die Widrigkeiten des Lebens dagegenzusprechen scheinen.
Und Schwester Anna, die gibt ihr noch einen guten Rat mit auf den Weg: „Wenn du einmal nicht weiter weißt, dann lies Bücher.“
Einen Rat, dem ich nur zustimmen kann.
Der Roman hat eine einfache Lesbarkeit. Er ist in viele Kapitel unterteilt, die meist nicht mehr als maximal fünf Seiten umfassen. So lässt sich zwischendurch beim Lesen sehr gut pausieren.
Der Text ist im Flattersatz gesetzt, die serifenlose Schrift ist etwas größer und die Zeilenabstände sind etwas weiter. Die Absätze sind gut voneinander abgegrenzt, sodass die Textmenge pro Seite sehr übersichtlich ist. Schwere Wörter im Text wurden unterstrichen und am Ende des Buches lassen sie sich in einer Wörterliste nachschlagen, in der sie näher erklärt werden.
Papierkind ist ein wunderschöner, in einfacher Sprache erzählter Roman. Marion Döbert ist es wirklich gelungen, die Geschichte poetisch klingen zu lassen. Dieses Buch ist ein Beispiel dafür, dass einfache Sprache alles andere als schlicht klingen muss.