Einmal Schnitzel mit Buch

Eignet sich sicherlich für die Alphastufe 4-5

Acht Kurzgeschichten, acht verschiedene Menschen und acht völlig unterschiedliche Ereignisse. Was sie verbindet ist die Botschaft: "Du hast eine Wahl, du musst dich nur entscheiden." Und so nimmt nicht nur der Flugschüler das Steuer in die eigene Hand.
Marion Döbert gelingt es in ihren Kurzgeschichten ganz ausgezeichnet, mit wenigen, aber präzise gewählten Worten die Gefühle ihrer Heldinnen und Helden des Alltags zu beschreiben. Sie schreibt dicht erzählte Geschichten von ernst bis lustig, die von einer großen Menschenkenntnis und einem aufmerksamen Blick für Situationen zeugen. Eine Bereicherung für Leserinnen und Leser, die sich für das Thema "Menschen" interessieren.

In „Einmal Schnitzel mit Buch“ liefert Marion Döbert einen weiteren Beitrag zu einem umfassenderen Leseangebot für Menschen mit geringen Leseerfahrungen. Man merkt ihr die lange Erfahrung mit dieser Leserschaft an - und diesmal auch ganz deutlich den Wunsch, neue Leser über ein breites Themenspektrum und sehr kurze, abwechslungsreiche Kurzgeschichten zu gewinnen.
Dabei deckt sie Vieles in ihren kurzen Geschichten für erwachsene Leser ab: unerwartete Arbeitslosigkeit, der Traum vom Fliegen und dessen Gefahren, Irrungen und Wirrungen beim Kennenlernen, Trennungsschmerz und Neuanfang, Mut in Zeiten des Nationalsozialismus, die Kraft einer Entschuldigung, Einsamkeit.
Es gibt Texte im Hier und Jetzt aber auch einen mit historischem Bezug (Der Dachboden) und eine märchenhafte Erzählung (Ein Buch für den König).

Immer wieder werden dabei Beispiele für die Kraft der Wörter und den Wert von Büchern eingeflochten. Ob die Pfeifsprache Silbo, die auf Gomera gesprochen wird, oder die Gedanken des Volkes, die nur in einem Buch geäußert werden und ihre Wirkung entfalten können – die Bedeutung von Sprache für ein menschliches Miteinander wird immer wieder deutlich.

Allerdings kann der Text in diesen kurzen Episoden nicht die Bannkraft entwickeln wie in Marion Döberts Roman Papierkind. Thematische Vielfalt und Kürze verlangen hier einen deutlichen Preis, den die Autorin vermutlich bewusst zahlt, um das Buch möglichst niedrigschwellig zu halten. Der didaktische Hintergrund schimmert manchmal ein wenig zu sehr hervor.

Ein sehr geschickter Schachzug beim Werben um neue Leser ist die Auswahl von unterschiedlichen Probelesern. Zu Recht bedankt der Verlag sich bei drei Testlesern aus verschiedenen Ländern und Kulturkreisen – ein Modell, was zukünftig breitere Anwendung finden sollte. Das Buch zielt damit auch auf eine Leserschaft unter Neuzugewanderten ab und könnte in Sprachkursen Verwendung finden.

Man wünscht Marion Döbert, dass ihre kleine Sammlung an Kurzgeschichten möglichst viele Leseungewohnte erreicht.
Das ‚Restaurant der Wörter’ aus der ersten Kurzgeschichte (die dem Buch auch seinen Titel gibt) kombiniert Bücher aus China und Deutschland mit gutem Essen. Dies gefällt auch der Köchin, die sich am Ende als jemand, der nicht lesen kann, outet. Sie gewinnt trotzdem eine neue Perspektive mit und spielerischen Spaß an den Büchern. Auf die eine oder andere Weise wünscht sich die Autorin vermutlich auch von den Lesern die Erkenntnis, zu der die Köchin am Ende kommt:
„...ein Leben mit Büchern, das gefällt mir richtig gut!“