Wunder
August sieht anders aus als die anderen Jungen.
Seit seiner Geburt wurde er schon oft am Gesicht operiert.
Am liebsten möchte er so sein wie alle anderen.
Bisher hat seine Mutter ihn zu Hause unterrichtet.
Doch ab der fünften Klasse soll er in die Schule gehen.
„Die Kinder versuchten alle, mich nicht anzustarren.
Sie machten Umwege, um nicht in meine Nähe zu kommen.
Als wäre mein Gesicht ansteckend.
Jeden Tag gab es Schüler, die mich zum ersten Mal sahen und sich erschraken.“
Raquel J. Palacio (1963) ist eine amerikanische Schriftstellerin. Eigentlich heißt sie Raquel Jaramillo. „Wunder“ ist das erste Buch, das sie geschrieben hat. Davor hat sie Umschläge für andere Bücher gestaltet. „Wunder“ ist als Buch und als Film sehr erfolgreich.
Zu Wunder steht Unterrichtsmaterial zur Verfügung, in dem die Kapitel der Originalfassung denen der Version in Einfacher Sprache gegenübergestellt sind. Hier kostenlos downloaden.
Urheber: Matthias Pohl
Lesen Sie hier die ersten Kapitel aus Wunder! Ausschließlich zum Gebrauch als Leseprobe. Alle Rechte vorbehalten.
Zubehör: Lesebegleitheft
Autor/-in: | R.J.Palacio |
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Seitenzahl: | 152 |
Altersgruppe: | Für Erwachsene, Für Jugendliche, Für Kinder |
Ausgabe: | Gedruckt |
Leseniveau: | A2/B1 (Leselevel 2) |
Thema: | Alltag, Buch zum Film, Freundschaft & Familie, Für Jungen, Romane |
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8. November 2023 09:21
Wunder
Hauptfigur in dem vorliegenden Roman „Wunder“ ist der zehnjährige August (Spitzname Auggie), der durch einen Gendefekt von Geburt an mit äußerlich schwerwiegenden Beeinträchtigungen leben muss. Er hat eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, eine Orhmuscheldysplasie, er ist nicht besonders groß und schwerhörig. Auggie hat bereits mehrere Operationen hinter sich und konnte aus diesem Grunde die Schule nicht besuchen. Er wächst wohlbehütet in New York in einem äußerst liebevollen Elternhaus auf. Seine Mutter unterrichtet ihn und begleitet ihn sehr eng. Außerdem hat er eine Schwester, die immer wieder zurückstecken muss, da die Eltern sich um ihren Sohn kümmern müssen. Sie hat ihren Bruder aber trotzdem tief in ihr Herz geschlossen. Zuletzt ist da noch Daisy, die Familienhündin, die Auggie eine treue Begleiterin ist.
Nachdem Auggie eine Weile infektfrei ist und in absehbarer Zeit keine weiteren Operationen bevorstehen, beschließen die Eltern ihn wohnortsnah inklusiv beschulen zu lassen. August hat zunächst Angst, er ist wütend auf seine Mutter. Er beschreibt sehr genau, wie es sich für ihn anfühlt, sein Gesicht zu zeigen. Er kann sehr genau die meist erschrockenen und damit auch verletzenden Reaktionen seiner Mitmenschen wahrnehmen. Die Eltern können ihn dennoch dazu bewegen, den Schulleiter und die Schule bei einem Besuch in den Ferien kennenzulernen. Der Schulleiter ist überzeugt, dass Auggie an seiner Schule gut unterrichtet werden kann und lädt zum ersten Kennenlernen zwei ausgewählte Schüler und eine Schülerin ein, die Auggie durch die leere Schule führen sollen, so dass er sich etwas akklimatisieren kann. Es fällt der Entschluss, dass August künftig die Schule besucht und der mütterliche Hausunterricht ein Ende finden soll. Im weiteren Verlauf werden Auggies Erlebnisse in seinem ersten Schuljahr an der Schule beschrieben. Aufnahme und Ablehnung, Mut und Verzweiflung, Bewunderung und Spott: Auggie durchläuft einen Inklusionsprozess mit vielen Höhen und Tiefen - immer in Begleitung seiner Schwester Via und seiner Eltern. Dabei wird das Geschehen nicht nur aus seiner Perspektive erzählt, sondern auch aus der Sicht Vias, deren Freundin sowie gleichaltriger Schulkameraden und Schulkameradinnen. Dadurch ist das Erleben des „Andersseins“ nicht nur auf die Hauptfigur beschränkt, sondern eben auch auf andere Jugendliche, die mit dem „Anderssein“ umgehen dürfen, sollen und müssen. Dies öffnet Einblicke in verschiedene Gefühlswelten und lässt die Lesenden das Geschehen sehr genau miterleben.
Der gesamte Text ist laut Verlagsangabe in einfacher Sprache geschrieben. Er besteht größtenteils aus kurzen Hauptsätzen, neben einigen einfachen Nebensatzkonstruktionen und Ellipsen. Mitunter überschreitet die Satzlänge die Zeilenlänge, so dass der Leser bzw. die Leserin mit Zeilenumbrüchen inmitten von Sätzen umgehen muss. Mit einem Satz schließt jedoch auch jeweils die Lesezeile, so dass Satzanfänge immer zu Beginn einer neuen Zeile stehen. Es werden alle Satzarten sowie die wörtliche Rede verwendet. Dies lässt die Erzählung sehr lebendig wirken. Durch die Redebegleitsätze ist meist gut zu erkennen, wer gerade spricht. Allerdings ist hier für ein flüssigeres Lesen die Kenntnis der entsprechenden Satzzeichen und der Möglichkeit der unterschiedlichen Positionierung der Redebegleitsätze hilfreich. Der Text wird seitens des Verlags auf A2-B1-Niveau eingestuft und ist sowohl für Jugendliche als auch für Erwachsene geeignet.
Am Ende des Buches findet sich ein Glossar, in dem einige schwierige Wörter und Ausdrücke erklärt werden. Allerdings kann man hier nicht auf Vollständigkeit vertrauen. Es gibt darüber hinaus noch eine Menge Begriffe, die in der Sekundarstufe im Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation nicht allen Schülern und Schülerinnen bekannt sein dürften (spöttisch, Augenhöhlen, Bowling-Bahn, Gaumen, Jugendrichter, Tick usw.). Die im Glossar erklärten Wörter sind durch Unterstreichung im Text gekennzeichnet. Die Erklärungen sind teilweise nicht umfassend und präzise. So wird Assistentin mit Schul-Sekretärin erklärt, was in diesem Kontext richtig ist, aber grundsätzlich nicht gleichgesetzt werden kann. Das Buch in vereinfachter Sprache ist in sieben Kapitel unterteilt (in der Originalversion sind es acht, da eine weitere Person zu Wort kommt). Jedes Kapitel ist aus der Perspektive einer Romanfigur
geschrieben und entsprechend betitelt, z.B. "August erzählt“, „Via erzählt.“ Die Kapitel umfassen zwischen neun und 36 Seiten und sind wiederum in verschiedene Episoden unterteilt, die mit einer Unterüberschrift versehen sind. Das erleichtert den Lesenden den Überblick.
Insgesamt umfasst das Buch 151 Seiten, davon nehmen das Glossar sowie Inhaltsverzeichnis und weitere Angaben zwölf Seiten ein. Der eigentliche Text beginnt auf Seite 7 mit einem Vorwort, das die unterschiedlichen Perspektiven erklärt.
Fazit
Das Buch ist für den Einsatz im Unterricht der Sekundarstufe I im Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation geeignet. Ziemlich oberflächlich wird allerdings Augusts Angst vor der hässlich machenden (!) Hörtechnik und der Anpassungsprozess beschrieben. Gleich beim ersten Hören mit der Hörhilfe ist August, der eben noch sehr skeptisch war, völlig begeistert von den veränderten Höreindrücken und wird zum gewissenhaften Träger. Davon abgesehen bietet der Roman viel Stoff zum Nachdenken über Inklusion, er befasst sich intensiv mit der Identitätsentwicklung verschiedener Charaktere, er thematisiert Vorurteile, menschliche Bedürfnisse, verschiedene Verhaltensweisen, Gruppenzwang und Gefühle. Auch die Gedankenwelt von Augusts Schwester Via ist unglaublich wertvoll für die Beleuchtung des Themas „Umgang mit Behinderung“. Durch die einfache Sprache treten humorvolle Textstellen und Wortwitz etwas in den Hintergrund. Dennoch wirkt die Geschichte nicht trüb und schwer und sie bietet auch in einfacher Sprache zahlreiche Lernanlässe und Gedankenanstöße. Durch die große Nähe des gleichnamigen Films zur literarischen Originalversion, kann auch dieses Medium unterstützend in einer Unterrichtseinheit eingesetzt werden.
(Noëlle M. Soerensen von der Fachkommission der KMK zur Überprüfung von Lehr- und Lernmitteln für den Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation)